Die Fragestellung


 

"Die beste Zukunft in der Stadt haben immer die
kleinen unabhängigen Interessengruppen, die einzelne
Immobilien für sich vereinnahmen und ihren Erhalt
durchsetzen. Solche Einzelobjekte des Widerstands gegen
Abriß- und Generalsanierung bilden in den Straßenzügen
die Geschichte basisdemokratischen Handelns ab."

Ariane Müller bei der Podiumsdiskussion "Frontbildung II"
am 14. Oktober 2007 bei Wir sind woanders #2


Viele Diskussionen um die Gestaltung der Quartiere verlaufen nach standardisierten Schemata, die nicht selten miteinander unvereinbare Interessenbekundungen produzieren - und am Ende entscheidet die Politik in Relation zum akquirierten Kapital. Da bedarf es einer genaueren Betrachtung schon im Vorfeld und ein guter Rat ist vielleicht, mal "im Wind" der Positionen zu segeln, meint: kein vorauseilender Gehorsam im Wünsche produzieren, sondern den Vortrieb durch Frontalstellung (und das ist beim Segeln eine Ruhestellung) zu verweigern.

Interessenvertretung vs Interessenentwicklung

Wer sagt uns eigentlich, dass Planungen soweit abgeschlossen werden müssen, dass sich ein Mehrheitsinteresse durchsetzt?

Müssen Paradigmen immer so kurz greifen?

Öffentliche Räume werden lebendig, wenn sie der Ort sind, an dem sich die unterschiedlichsten Interessen aneinander reiben. Diese Reibung macht sie kommunikativ. "Monokulturelle" Orte sind dafür nicht geeignet. Entscheidungsverfahren, die bereits im Vorfeld eine höchst spekulative, eindimensionale Interessenausrichtung als Planungsgrundlage verwenden, sind regelmäßig zum Scheitern verurteilt, denn wenn‘s anders kommt - auch hier gilt Murphys Gesetz - ist kein Entkommen.

Doch wie entdeckt man Interessenvielfalt entgegen der Gewohnheit, alles auf einen Nenner bringen zu wollen?

Allgemeine Befragungen führen oft zu Frustration und enden regelmäßig in Fachdiskussionen, denen nur wenige "Betroffene" zu folgen gewillt sind. Sammlungen zu konkreten Details bleiben da stets außen vor: Fälschlicherweise wird gerne nach dem "großen Ganzen" gefragt. "Hätten Sie gerne ein Einkaufszentrum? Eine Kita? Einen kleinteiligen Baukörper oder ein repräsentatives Zentrum?" Das dabei dem Einzelnen abverlangte Abstraktionsvermögen zielt zwangsläufig an der Realität vorbei, oftmals mutwillig. Die meisten Fragen zielen auf das Wünschen, statt auf das Begreifen des bereits Vorhandenen und haben zudem oft nur symbolischen Charakter. So bleibt im Kreislauf von Wünschen und Versprechen die Realität regelmäßig außen vor.

Aber wir sind doch schon da!

Eine Antwort liegt vielleicht in den Details - wörtlich genommen. Bürgerbefragungen sollten berücksichtigen, dass sie nicht nur auf die Projektion einer möglichen Zukunft, auf Wünsche und Hoffnungen abstellen, sondern sich um die geliebten und ungeliebten Gegebenheiten im direkten Umfeld kümmern, apperzeptiv diese diskutieren, sie in ihrer lokalen Vielfalt bestätigen und ausbauen helfen und dabei für die nachhaltige Schaffung eines "Streitraums" eintreten, der mehr ist, als ein "Reaktionsraum" (wenn mal wieder was passiert ist). Es geht um die kreative Verweigerung, in einem spekulativen Vorfeld klären zu wollen, was morgen entstehen darf und was nicht, und in dem womöglich zukünftige, noch gar nicht absehbare Wünsche und "Mehrheiten" vorauseilend ausgeklammert werden.

hinten, dahinter will sich daher der Detailverliebtheit widmen, herausfinden was passiert, wenn die kleinen Schmuddelecken des öffentlichen Raums gegen "globale" Interessen antreten müssen. Das Projekt fordert Sie auf, im direkten Umfeld "auf große Fahrt" zu gehen und in den "Duftmarken" der Anderen, die sich im öffentlichen Raum - zur Freude und zum Ärger - manifestieren, das "Eigene" zu suchen und ebenfalls persönliche Marken zu formulieren.

  Kurse zum Wind (Segeln)<br>Quelle: WIKIPEDIA

Was fehlt Ihnen in der Großen Bergstraße?<br>Philipp Bergmeister im Februar 2008 in der blinzelbar

Was fehlt Ihnen in der Großen Bergstraße?<br>Philipp Bergmeister im Februar 2008 im Frappant-Gebäude